Schauspiel

Universen: Poetic Justice

Literaturreihe von Necati Öziri

Termine und Karten

So, 05.05.2024 | 20:00 Uhr
10,00 € | erm. ab 5,00 €
zu Gast: Deniz Ohde mit ihrem Roman Ich stelle mich schlafend |  
Cumberlandsche Bühne |  
10,00 € | erm. ab 5,00 €

In der Literaturreihe Poetic Justice lädt der Bachmann-Publikumspreisträger Necati Öziri Autor:innen in das Wohnzimmer der Universen ein. Die Leitfrage dieser Reihe an die eingeladenen Autor:innen lautet: Was hat sie beim Schreiben des Textes beeinflusst, begleitet, bewegt? Ein Foto, ein Song, ein Film, ein anderer Text, eine Erinnerung, ein Gericht, eine Straßenecke oder etwas ganz anderes? Gemeinsam mit den Autor:innen möchten wir ein Archiv politischer Inspiration erstellen und laden dabei zu Çay und Çekirdek ein.

Im Mai ist Deniz Ohde mit ihrem zweiten Roman Ich stelle mich schlafend zu Gast. Der Roman erzählt von den dunklen Seiten einer Liebe – und die Geschichte einer Befreiung. Ein eindringlicher Roman über den Versuch einer Auslöschung und über die Frage, ob es eine Berührung gibt, die den Kern eines Menschen unwiederbringlich verändert.

POETIC JUSTICE AM 5. MAI

Ich stelle mich schlafend:
Das Haus, in dem Yasemin bis vor kurzem gelebt hat, steht nicht mehr. Es musste bis auf die Grundmauern abgerissen werden. Von der Wohnung, die sie zuletzt mit ihrem Freund Vito geteilt hat, sind nur Erinnerungen übrig. Die Geschichte der beiden reicht bis in ihre Jugend zurück: Beide wachsen im selben Hochhauskomplex auf, und Yasemin verliebt sich mit dreizehn in den drei Jahre älteren Nachbarn. Von klein auf fasziniert von Glaubensfragen und Spiritualität, versucht sie durch einen Liebeszauber, Vito für sich zu gewinnen. Doch nach einem Sanatoriumsaufenthalt, wo ihre Skoliose behandelt wird, geht sie auf Distanz. Zu fremd ist ihr der eigene Körper, zu groß die Scham wegen ihres Korsetts. Erst zwanzig Jahre später, als die mühsam aufgerichtete Wirbelsäule droht sich wieder zu stauchen, begegnen sie sich erneut. Yasemin hält dieses späte Aufflammen der Jugendliebe für Schicksal. Aber dann zeigt Vito sein Inneres, das bedrohlich ist und leer.

Deniz Ohde, geboren 1988 in Frankfurt am Main, studierte Germanistik in Leipzig, wo sie heute auch lebt. Für ihren Debütroman Streulicht, der 2020 auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, wurde sie mit dem Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung und dem aspekte-Literaturpreis ausgezeichnet. Wahrhaftig und einfühlsam erkundete Deniz Ohde in Streulicht die feinen Unterschiede unserer Gesellschaft, spürte den Sollbruchstellen im Leben ihrer Erzählerin nach, den Zuschreibungen und Erwartungen an sie als Arbeiterkind, der Kluft zwischen Bildungsversprechen und erfahrener Ungleichheit, der verinnerlichten Abwertung und dem Versuch, sich davon zu befreien. Mit ihrem Debütroman war Deniz Ohde bereits beim CLINCH Festival 2021 in Hannover zu Gast.


Necati Öziri, geboren in einer der vielen grauen Ecken des Ruhrgebiets („Hölle, Hölle, Hölle!"), hat Philosophie, Germanistik und Neue Deutsche Literatur in Bochum, Istanbul und Berlin studiert. Er lebt in Berlin sein drittes Leben, schreibt, macht Theater und manchmal einen auf Intelelli, wofür ihm sein sechzehnjähriges Ich wahrscheinlich eine Schelle verpassen würde. In seinen Texten ist natürlich alles wahr. Öziri war Stipendiat der Heinrich-Böll-Stiftung und unterrichtete an der Ruhr-Universität Bochum Formale Logik, bis er feststellte, dass Logik die Welt nicht besonders gut beschreibt. Seitdem versucht er zu schreiben, nicht wie die Welt ist, sondern wie sie sich anfühlt. Er ist erbitterter Feind von Kälte, Laktose und Kurz-Biografien.
Als Theaterautor schreibt er für das Maxim Gorki Theater, das Nationaltheater Mannheim und das Schauspielhaus Zürich. Öziri trifft sich regelmäßig mit alten Versionen seiner selbst, sie sitzen in Schulheften voller Kaffeeflecken herumblätternd auf dem Boden von Ämtern und warten (worauf eigentlich?) oder sie chillen auf Bänken am Bahnhof und bieten ihm einen Joint an. Bei den 45. Tagen der deutschsprachigen Literatur (Ingeborg-Bachmann-Preis) gewann er den Kelag-Preis und den Publikumspreis.

Die Vorstellung findet auf der Cumberlandschen Bühne statt, die über mehrere Treppenaufgänge zu erreichen ist. Es gibt einen Aufzug, der über das Foyer des Schauspielhauses zu erreichen ist. Solltest du den Aufzug nutzen, plane bitte etwas Zeit für den Weg ein.
Poetic Justice ist ein Gesprächsformat und dauert ca. 90 Minuten.
Das Publikum sitzt auf Stühlen auf der Tribüne. Es gibt keine Live-Musik und keine starken oder schnellen Lichtwechsel. Es gibt keine Publikumsbeteiligung.