08.10.2021
Presseinformation
Den Theatern in Niedersachsen drohen Einbußen in Millionenhöhe
Mitarbeitende, Gewerkschaften und Theaterleitung sind alarmiert und rufen zu einem breit angelegtem Protest auf
Sehr geehrte Damen und Herren,
der aktuelle Haushaltsplanentwurf der niedersächsischen Landesregierung für 2022/23 stellt eine akute Bedrohung für die Vielfalt der gesamten Theater- und Orchesterlandschaft in Niedersachsen dar und belastet viele Theater und Orchester substanziell. Die Entscheidung hierzu soll im Landtag bereits im Dezember dieses Jahres fallen und sich weit über die Landtagwahlen im kommenden Jahr hinaus auswirken.
Die Nichtübernahme der anstehenden Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst kommt faktisch einer Kürzung gleich und wird allein bei den Staatstheatern Hannover pro Jahr einen Fehlbetrag von etwa 1,2 Millionen Euro nach sich ziehen.
 
"Dass die Staatstheater in Braunschweig und Oldenburg die Tariferhöhungen bekommen sollen, ist gut und richtig. Aber das muss auch für die freien und kommunalen Theater sowie die Staatstheater Hannover gelten," erklärt Verwaltungsdirektor Jürgen Braasch, der zugleich Vorsitzender des Landesverband Nord des Deutschen Bühnenvereins ist.
 
Opern-Intendantin Laura Berman sieht die künstlerische Arbeit akut bedroht: "An den Staatstheatern Hannover arbeiten etwa 1.000 Festangestellte sowie rund 300 freiberufliche und Soloselbstständige. Etwa 85 Prozent der Ausgaben des Theaters sind Personalkosten, da ist nur wenig Spielraum. Ohne die Übernahme dieser Mehrkosten lassen sich spürbare Auswirkungen auf den Spielbetrieb kaum vermeiden. Der Haushaltsentwurf ist extrem kurzsichtig und verursacht auch in Reihen der Arbeitnehmerschaft Existenzängste."
 
Schauspiel-Intendantin Sonja Anders kritisiert das politische Signal des Haushaltsplanentwurfs: "Der Entwurf untergräbt das Bekenntnis des Landes Niedersachsen zu seiner vielfältigen Theater- und Kulturlandschaft. Im Ländervergleich liegt Niedersachsen seit Jahren auf dem drittletzten Platz bei den Kulturausgaben – andere Bundesländer erhöhen angesichts der Corona-Pandemie sogar ihre Kulturförderung. Die Theater brauchen gerade jetzt Verlässlichkeit."
Finanzierungslücke ab 2023
 
Neben den Tariferhöhungen werden die Staatstheater Hannover durch notwendige Investitionen zur Erhaltung der Spielfähigkeit sowie der steigenden Kosten rund um den Werkstattneubau in Bornum finanziell stark belastet.
"Die politische Zusage, uns beim Neubau der Werkstätten in Bornum nicht im Regen stehen zu lassen, wurde gebrochen. Zwar konnten wir durch Einsparungen in Verbindung mit der Kurzarbeit einen Teil der Mehrkosten kompensieren, aber die Finanzierungslücke ist 2022 zu groß," warnt Jürgen Braasch. "Die Betriebssicherheit der Häuser ist gefährdet."
 
Der aktuelle Haushaltsentwurf ist ein herber Rückschlag für die Geschäftsführung der Staatstheater Hannover und seine Beschäftigten sowie zahlreiche Dienstleister und Selbstständige, die für die Staatstheater arbeiten.
Gemeinsam richten die Geschäftsführung und die Gewerkschaftsvertretungen den dringenden Appell an die politischen Entscheidungsträger, den aktuellen Haushaltsentwurf entsprechend anzupassen und die Kosten der Tariferhöhungen zu übernehmen.
Gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen
 
Bereits im Februar 2021 hatten die Beschäftigten der Staatstheater Hannover im Rahmen der Aktion „40.000 Theatermitarbeitende treffen ihre Abgeordneten“ in über 60 Einzelgesprächen knapp die Hälfte der 137 Landtagsabgeordneten persönlich getroffen. Darunter waren auch Ministerpräsident Stephan Weil, zahlreiche Kabinettsmitglieder wie Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU), Innenminister Boris Pistorius (SPD), Sozialministerin Carola Reimann (SPD), Kulturminister Björn Thümler (CDU) sowie die Fraktionsvorsitzenden und kulturpolitischen Sprecher:innen der Landtagsfraktionen.
 
Alrun Hofert, Schauspielerin und im Vorstand des Lokalverbands Hannover der Genossenschaft deutscher Bühnenangehöriger (GDBA), möchte an diese Gespräche nun anknüpfen: "Wir begreifen die Politik nicht als Gegner, aber nach den vielen sehr offenen und ehrlichen Gesprächen darf es jetzt nicht bei Lippenbekenntnissen und schönklingenden Floskeln bleiben. Wir brauchen eine stabile Finanzierung für unsere Arbeit."
 
Nicola Pause, ebenfalls in der GDBA: "Der Haushaltsentwurf ist ein Schlag ins Gesicht für unsere gewerkschaftlichen Bemühungen, die Arbeitnehmerrechte zu stärken und eine Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen zu erzielen. Viele unserer Mitglieder arbeiten bereits jetzt unter prekären Bedingungen und sorgen sich um den Erhalt ihrer Arbeitsplätze."
 
Ver.di-Vertreter und Betriebsratsvorsitzender Karsten Sorst: "Die Übernahme der Tariferhöhungen ist mehr als die Frage nach Geld – in ihr kommt auch die Haltung eines Landes zum Ausdruck, das sich nach außen gerne als Kulturland gibt und mit seinen Kulturinstitutionen schmückt. An den Theatern wird gute Arbeit geleistet, die auch fair bezahlt werden muss. Das ist kein Luxus, sondern eine Selbstverständlichkeit. Werden die Tariferhöhungen nicht übernommen, sind Arbeitsplätze gefährdet."
 
Thomas Huppertz von der Deutschen Orchestervereinigung DOV erklärt: "Was sich im Haushaltsentwurf als Kleinigkeit tarnt, hat nicht nur für die Staatstheater Hannover schwerwiegende Folgen. Gerade in diesen Zeiten braucht es Verlässlichkeit. Wir fordern die Landesregierung auf, sich zur Übernahme der anstehenden Tarifsteigerungen zu bekennen."
 
Ingolf Kumbrink von der Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO): "Das Signal hinter diesem Haushaltsentwurf ist eindeutig. Die entsprechenden Ministerien lassen uns in einer ohnehin unsicheren Zeit im Stich und verlagern einen parteipolitischen Dissens über die Förderung von Kunst und Kultur in die Betriebe hinein. Dagegen wehren wir uns."
Was ist geplant?
 
Ab Samstag, 9.10.2021 rufen die Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen unter dem Motto #rettedeintheater zu verschiedenen Protestaktionen auf. Nach allen Vorstellungen im Opern- und Schauspielhaus soll das Publikum über Banner, Ansagen und Fotoaktionen über die Pläne der Landesregierung informiert werden. Es sollen Unterschriften gesammelt und Protestbriefe versendet werden. Für November ist zudem eine Demonstration vor dem Niedersächsischen Landtag geplant.
Mit der Bitte um Meldung und freundlichen Grüßen
Christiane Hein und Nils Wendtland
Pressekontakt
Christiane Hein
Pressesprecherin Staatsoper Hannover
T +49 511 9999 1080
 
Nils Wendtland
Pressesprecher Schauspiel Hnnover
T +49 511 9999 2080
 
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Niedersächsische Staatstheater Hannover GmbH
Opernplatz 1, 30159 Hannover
 
Geschäftsführung:
Sonja Anders, Laura Berman, Jürgen Braasch
 
Vorsitzende des Aufsichtsrats:
Dr. Sabine Johannsen
 
Eingetragen beim Amtsgericht Hannover HRB 4925
Umsatzsteueridentifikations-Nr.: DE 115650886
 
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